Am 1. März 1854 war er mit der Hamburger Bark „Wilhelm Marie“ von London aufgebrochen. „Das Schiff, womit ich herüber kam, war grade nicht zu den allergrößten zu nehmen, es war aber ein sehr schönes und festes Schiff. Die Besatzung bestand aus Deutschen und Dänen. Der Kapitain B. H. Boysen und der Obersteuermann Martin Friedrichsen waren von Föhr, und der Koch von Husum. Wir hatten 6 Schweine, wovon wir 4, und 36 Hühner an Bord, die wir alle verzehrten. Mit den Hühnern aber war der Kapitain betrogen, die waren nicht mürbe zu kochen, und wenn sie auch von Mitternacht 12 bis Mittags 1 Uhr kochten.“
Detailliert schilderte er in seinem Brief das langsame Vorankommen bei mangelndem Wind. Nach vier langen Monaten auf See kam das Schiff in Hobart Town an der australischen Küste an. „Der 7/10 Theil der Einwohner der Stadt besteht aus Leuten, die von England dahin versandt sind, und erst 5 – 10 – 15 Jahre in der Sklaverei zugebracht haben, und nach ihrer Freilassung da geblieben sind.“
Zufällig hielt sich ein Gutsbesitzer aus Neu-Holland in Hobart Town auf, dem Johannes für die Dauer von einem Jahr seine „Haut verkaufte“, für 52 Pfund Sterling und die Reisekosten. So brach er bereits am 15. Juli per Schiff in Richtung Port Albert auf, um zu seinem neuen Bestimmungsort zu kommen. Am 22. Juli ging er dort an Land und erfuhr zu seinem Schrecken „… der mir wirklich hinunterzog in den großen Zehe, als man mir sagte, dass es noch 65 englische Meilen bis dahin seien, und weiter, dass ich gar nicht allein dahin gehen könne, da die Gegend noch zu gefährlich wegen der wilden Menschen sei, und dass ich warten müsste, bis von meinem Herrn ein Karren mit Ochsen herunter käme, worüber aber wohl noch 14 Tage bis 3 Wochen hingehen könnten. Glücklicher Weise kam aber am 25sten ein kleiner Rheinländer herunter, der hier im Lande als Schäfer dient, mit Schafen, und mit dem trat ich am 26sten die Reise an. Es war doch recht angenehm für mich, dass ich mit diesem Manne die Reise machen konnte, da ich doch mit ihm meine Muttersprache reden konnte. Er wusste ziemlich Bescheid mit den Wilden, und war so dreist, dass er in ihre Hütten ging und Wasser mit ihnen trank. Übrigens sind die Wilden hier nicht so gefährlich, als in Süd-Amerika. Das Land ist noch so wenig bevölkert, dass wir nur jeden Abend ein Haus antrafen, um zu übernachten. Mitunter bekamen wir den ganzen großen Tag keine Menschenseele zu sehen.“
Über seine Zeit bei dem Gutsbesitzer schreibt Ferdinand: Gärtner sei er dort gewesen und gut sei es ihm gegangen. „Ich bin augenblicklich ziemlich nahe bei den zuletzt entdeckten Goldminen. Da machen aber nicht so viele Leute ihr Glück, wie man in Europa in den Blättern schreibt, und für das Land ist es wirklich ein Ruin, denn erstlich strömen alle Menschen dahin, und glauben im Schlafe reich zu werden, so dass zu keiner Arbeit Leute zu haben sind, und zweitens hat das Gold hier im Lande gar keinen Werth. Es arbeiten in den hiesigen Goldminen 5.000 Menschen. Man rechnet durchschnittlich 1/10, die wirklich ihr Glück machen; 4/10, die so viel verdienen, oder finden, als sie gebrauchen (1 Pfund Sterling am Tag ist kaum hinlänglich, so theuer ist es da alles); 2/10, die alles zusetzen, was sie mit hinauf nehmen und eben mit dem Leben wieder zurückkommen; 3/10, die da bleiben, und entweder natürlichen Tod sterben, oder todt geschlagen werden.“
Der nächste Brief kam zwei Jahre später, und so erfuhr die Familie, wie es ihrem ausgewanderten Sohn in der Fremde weiter ergangen war. „Die letzten 6 Monate bin ich Kaufmann gewesen, […]Und hatte mich auch eigentlich schon vorgenommen mich gänzlich dem Kaufmannsstande zu widmen, da ich namentlich durch mein schnelles und sicheres rechnen, es bald zu einer sehr guten Condition als Buchführer hätte bringen können, man ist aber einmal in dem Lande wo es heißt: Was oder Nichts. Und die Ursache weshalb ich Melbourne verließ war, dass ich Brief von Theodor Rieck bekam, dass es sehr an einem Bäcker da fehle wo er sei, und wo auch ich jetzt bin, und dass ich hinkommen sollte, und eine Bäckerei anfangen.“
Aus den Briefen des Vaters Hans Hansen (1863/64) erfährt man den Fortgang der Geschichte: Ferdinands Bruder Carl wollte demnach dem Bruder nach Australien folgen. Carl bat seinen Vater für dieses Vorhaben um 15 preußische Thaler. Der Vater verweigerte diese Hilfe, weil er seinen Sohn nicht bei der Militärflucht unterstützen wollte. Carl hinterließ daraufhin einen Abschiedsbrief und verließ heimlich das Elternhaus.
„Am Sonnabend, dem 28. Nov. ging Carl ganz wider unserem erklärten Willen, mit dem großen Dreimaster „Wilhelmsburg“, Capitain Krohs, welches 282 Passagiere inne hatte, nach Australien. Zum 30. Nov. ging das Schiff von Cuxhaven in See, und am 4ten oder 5. des Monats ist das große Schiff an der Küste vor Holland, bei der Insel Terschelling, gestrandet. Der Capitain und 2 Matrosen sind ums Leben gekommen, und von den Passagieren sind nur 25 gerettet. Die Namen der Geretteten sind vorgestern bekannt gemacht, und Carl`s Name befindet sich nicht unter diesen. […] Hiob I, 21: Der Herr hat ihn gegeben, der Herr hat ihn genommen; der Name des Herrn sei gelobt!“
Der weitere Lebensweg von Ferdinand Hansen war gekennzeichnet durch verschiedene Tätigkeiten, meistens als Bäcker, jedoch auch als Zimmermann und „Cordial Maker“ in verschiedenen Orten der „Central West Goldfields“ nordwestlich von Sydney. 1865 heiratete er in Mudgee Mary Munn, mit der er insgesamt 10 Kinder bekam, von denen vier im Kindesalter starben. 1880 wurde er australischer Staatsbürger. Zuletzt, von 1885 – 1888, war er in einem Vorort von Sydney als „Church Caretaker“, vielleicht eine Art Kirchendiener, tätig. Dort starb er am 09.01.1905 im Alter von 76 Jahren. Bei einem Besuch des Nordfriisk-Institutes in Bredstedt/Nordfriesland konnte der Autor zufällig die E-Mail-Adresse eines noch lebenden Nachkommen von Ferdinand Hansen erfahren. Es entstand ein reger Datenaustausch, der schließlich in einem Besuch des australischen Urenkels Ronald Lancelot Hansen mit Familie und dessen Cousine mit Sohn aus Anlass eines Familientreffens der deutschen Nachkommen des Pastors Hans Hansen (1797-1867) in der Nähe von Husum gipfelte.
Quelle: Artikel von Nikolaus Hansen, Computergenealogie 1/2014