Die Gründe
Auswanderung (Emigration) bedeutet, sein Heimatland dauerhaft zu verlassen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die meisten Auswanderungen erfolgten notgedrungen aus wirtschaftlichen, religiösen, politischen oder persönlichen Gründen. Kriege, Naturkatastrophen, Missernten, Armut, Zukunftsangst, ein Überangebot in einem bestimmten Gewerbe, der Untergang traditioneller Berufe (z. B. Leinenweber, Garnspinner, Schneider) durch die zunehmende Industrialisierung, schlechtes Ackerland oder Steuererhöhungen u.a.m. trieben die Menschen aus der Heimat. So mancher sah seine Zukunft in einem anderen Land in der Hoffnung auf bessere wirtschaftliche Bedingungen und ein besseres Leben. Viele verdingten sich als Soldat, um Geld zu verdienen, einige gingen aus Abenteuerlust, wenige um „unterzutauchen“.
Die Voraussetzungen
Alle mussten genau festgelegte Bedingungen erfüllen, um auswandern zu dürfen:
- Aufgabe der Staatsbürgerschaft
- Abgeleisteter Militärdienst
- Schuldenfreiheit
- Straffreiheit
- Entlassung aus der Leibeigenschaft
- Besitz von Reisegeld
- Erlaubnis nach der Schuldenliquidation
- Belehrung über die Gefahren der Auswanderung
und den Status bei einer
eventuellen Rückkehr
Somit musste jeder Auswanderungswillige einige bürokratische Wege gehen, bevor er in sein ersehntes Land ausreisen konnte. Man musste als erstes zur Gemeindeverwaltung gehen und seine Auswanderungsabsicht kundtun. Es folgte eine Prüfung oder ein Verweis an die obere Behörde. Wurde dem Ersuchen stattgegeben, bekam der Auswanderer einen Reisepass.
In Süddeutschland musste noch eine Schuldenfreiheitsbescheinigung (Schuldenliquidation) vorgelegt, in Württemberg ein Bürge bestellt werden, der dann ein Jahr lang für eventuelle Schulden haftbar war. Außerdem war eine „Nachsteuer“, also eine Abgabe auf das Vermögen
an das Kameralamt – einem Vorgänger des heutigen Finanzamtes – zu leisten (ca. 10 % des Vermögenswertes). Ab 1870 gab es neue Bedingungen für die Entlassung aus der deutschen Staatsbürgerschaft. Der Auswanderungswillige musste sich mit drei Ebenen auseinander-setzen, mit der Ortsbehörde, dem Bezirksamt und mit der Landesregierung – und überall wurde eine Akte angelegt. Gelegentlich wurden diese Unterlagen auch vom Kapitän des Auswandererschiffs überprüft.
Die Ziele
Zwischen 1821 und 1914 wanderten 44 Millionen Europäer aus, davon 5,5 Millionen Deutsche. Es waren überwiegend Bauernfamilien, Tagelöhner und Dienstmägde, die ihr Glück in der Neuen Welt suchten. Hauptziele der Auswanderer des 19. und 20. Jahrhunderts waren vor allem die USA und Kanada, aber auch Australien sowie die südamerikanischen Staaten, dort bevorzugt Brasilien, Argentinien und Chile.
Heute haben dort Millionen Menschen deutsche Wurzeln:
- in den USA: 35 Millionen
- in Brasilien: 5 Millionen
- in Kanada 2,7 Millionen
- in Argentinien: 1 Million
- in Australien: 0,8 Millionen
Quelle: Auszug aus Artikel von Kerstin Töppe, Computergenealogie 1/2014, Vortrag von Dr. Lothar Wieser auf dem Genealogentag 2013 in Heidelberg